1. Das bestimmte Integral
    1. Geometrische Deutung des Integrals  
      Flächenberechnung Wenn man die Absicht hat, den Flächeninhalt einer Figur zu bestimmen, die wie in der nebenstehenden Abbildung dargestellt, krummlinig begrenzt ist, wird schnell an Grenzen stoßen. Solange Flächen geradlinig begrenzt sind, kann man diese mit mehr oder weniger Aufwand in Dreiecke oder Vierecke zerlegen, deren Flächen mit Hilfe von Formeln berechnet werden können.

      Für krummlinig begrenzte Flächen geht das nicht so einfach. An einem Beispiel soll gezeigt werden, wie man sich helfen könnte und welche Nachteile solche Berechnungen hätten. Die Idee dazu stammt von Georg Riemann, einem deutschen Mathematiker des 19. Jahrhunderts.

      In unserem Beispiel soll die Fläche unter der Funktion y = x2 im Intervall von x = 0 bis x = 3 berechnet werden. Dazu wird die Fläche zunächst in mehrere kleine Intervalle zerlegt. Im Beispiel habe ich als Intervallbreite Δx = 0,5 gewählt.

      Nun kann man unter die gesuchte Fläche Rechtecke zeichnen in der Art, dass die Breite jeweils Δx beträgt und die Höhe an der linken oberen Ecke durch die Funktion begrenzt wird, wie es in der nebenstehenden Abbildung dargestellt ist. Die Berechnung des Flächeninhalts eines solchen Rechtecks bereitet keine Probleme. Für die fünf Rechtecke in der Abbildung gilt


      Flächenberechnung mit Untersummen
      A 1
       =  Δx  ·  f
      ( 0,5 )
       =  0,5  · 
      0,5 2
       =  0,125
      A 2
       =  Δx  ·  f
      ( 1 )
       =  0,5  · 
      1 2
       =  0,5
      A 3
       =  Δx  ·  f
      ( 1,5 )
       =  0,5  · 
      1,5 2
       =  1,125
      A 4
       =  Δx  ·  f
      ( 2 )
       =  0,5  · 
      2 2
       =  2
      A 5
       =  Δx  ·  f
      ( 2,5 )
       =  0,5  · 
      2,5 2
       =  3,125
        Nun bildet man die Summe dieser Rechtecke und erhält die Untersumme SU.
      S U
       =  0,125  +  0,5  +  1,125  +  2  +  3,125  =  6,875

      Die Untersumme SU ergibt also einen Näherungswert für den Flächeninhalt unter der Kurve. Von diesem Wert weiß man mit Sicherheit, dass er kleiner ist als der wahre Wert.
      Das Ganze kann man mit Hilfe der Summenschreibweise auch mathematisch darstellen. Das sieht dann so aus:

      S U
       = 
      n
      Σ
      k  =  1
        Δx  ·  f
      (
      x k
      )
       =  Δx  · 
      n
      Σ
      k  =  1
        f
      (
      x k
      )
        <   A
      Je kleiner man das Intervall Δx wählt, desto mehr Rechtecke kann man unter der Kurve einfügen. Dadurch steigt die Genauigkeit der Untersumme bezogen auf den wahren Wert, er nähert sich dem wahren Wert langsam an.

      Nun gibt es einen zweiten Weg, den gesuchten Flächeninhalt näherungsweise zu bestimmen. Auch hier verwenden wir wieder Rechtecke mit der konstanten Breite Δx verwendet. Wir begrenzen die Rechteckhöhe aber jetzt an der rechten oberen Ecke durch die Funktion. Dadurch entsteht die nebenstehende Abbildung. Die Flächenberechnung der einzelnen Rechtecke erfolgt genau wie oben beschrieben. Damit erhalten wir folgende Berechnung.

      Flächenberechnung mit Obersummen
      A 1
       =  Δx  ·  f
      ( 0,5 )
       =  0,5  · 
      0,5 2
       =  0,125
      A 2
       =  Δx  ·  f
      ( 1 )
       =  0,5  · 
      1 2
       =  0,5
      A 3
       =  Δx  ·  f
      ( 1,5 )
       =  0,5  · 
      1,5 2
       =  1,125
      A 4
       =  Δx  ·  f
      ( 2 )
       =  0,5  · 
      2 2
       =  2
      A 5
       =  Δx  ·  f
      ( 2,5 )
       =  0,5  · 
      2,5 2
       =  3,125
      A 5
       =  Δx  ·  f
      ( 3 )
       =  0,5  · 
      3 2
       =  4,5
        Nun bildet man die Summe dieser Rechtecke und erhält die Obersumme SO.
      S O
       =  0,125  +  0,5  +  1,125  +  2  +  3,125  +  4,5  =  11,375

      Auch die Obersumme SO ergibt einen Näherungswert für den Flächeninhalt unter der Kurve. Von diesem Wert wissen wir aber, dass er größer ist als der wahre Wert.
      Die Summenschreibweise ergibt somit

      S O
       = 
      n
      Σ
      k  =  1
        Δx  ·  f
      (
      x k
      )
       =  Δx  · 
      n
      Σ
      k  =  1
        f
      (
      x k
      )
        >   A

      Auch bei dieser Lösung fällt auf, dass sich mit kleiner werdendem Intervall die Obersumme dem wahren Wert besser annähert. Also gehen wir einen Schritt weiter und nutzen unsere Kenntnisse über Grenzwerte.

      Flächenberechnung mit Grenzwerten

      Wenn Δx kleiner werden soll, muss es letztlich gegen Null laufen, also: Δx → 0.
      Dadurch steigt natürlich die Anzahl der Rechtecke, also: n → ∞.
      Wir müssen also den Grenzwert der Untersumme für n → ∞ und den Grenzwert der Obersumme für n → ∞ berechnen. Beide Grenzwert sollten gleich sein und dem wahren Flächeninhalt entsprechen.

      lim
      n→∞
       
      S U
       = 
      lim
      n→∞
       
      S O
       =  A

      Damit haben die Lösung gefunden, denn diesen Grenzwert definiert man einfach als bestimmtes Integral.

      ⇒ Definition bestimmtes Integral
      b
      a
        f
      ( x )
        dx  = 
      lim
      n→∞
       
      S O
       = 
      lim
      n→∞
       
      S U
      heißt bestimmtes Integral von f über [a;b].
      f(x) heißt Integrand, a die untere und b die obere Integrationsgrenze.
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    2. Eigenschaften des bestimmten Integrals  
      Im letzten Abschnitt wollte ich zunächst verdeutlichen, wie man auf das Problem des bestimmten Integrals gekommen ist. Letzlich geht es dabei also vorrangig um die Bestimmung von Flächen, die von einer Funktion f begrenzt werden. Doch bevor wir dazu kommen, müssen wir uns noch einige Eigenschaften der Definition des bestimmten Integrals anschauen, die uns die weitere Arbeit erleichtern werden.
      ⇒ 1. Eigenschaft
      b
      a
        f
      ( x )
        dx  =    
      a
      b
        f
      ( x )
        dx
      Werden die Integrationsgrenzen vertauscht, ändert sich das Vorzeichen des bestimmten Integrals.

      Geometrische Deutung:
      Vertauscht man die Integrationsgrenzen, wird die Fläche praktisch von rechts nach links berechnet. Damit ändert sich das Vorzeichen des bestimmten Integrals.

      ⇒ 2. Eigenschaft
      a
      a
        f
      ( x )
        dx  =  0
        Sind obere und untere Grenze gleich, hat das bestimmte Integral den Wert Null.

      Geometrische Deutung:
      Sind die Integrationsgrenzen gleich, entsteht keine Fläche sondern eine Gerade. Deshalb ist der Flächeninhalt gleich Null.

      ⇒ 3. Eigenschaft
      Es sei f eine in [a;c] stetige Funktion und c∈[a;c]. Dann gilt
      b
      a
        f
      ( x )
        dx  + 
      c
      b
        f
      ( x )
        dx  = 
      c
      a
        f
      ( x )
        dx
      Diese Definition betrifft die Intervalladditivität. Man darf also die benachbarten Intervall [a;b] und [b;c] zusammenfassen zum Intervall [a;c].

      Die geometrische Deutung dieses Satzes erfolgt in der folgenden Lektion.

      ⇒ 4. Eigenschaft
      b
      a
        k  ·  f
      ( x )
        dx  =  k  · 
      b
      a
        f
      ( x )
        dx
        Ein konstanter Faktor kann auch beim bestimmten Integral vor das Integral gezogen werden.

      Geometrische Deutung:
      Der Faktor k verändert nur die Höhen der Rechtecke, während die "Grundseiten" der Flächen unverändert bleiben. Deshalb kann der Faktor auch vor das Integral gezogen werden, man berechnet also erst die Fläche der Funktion f(x) und berücksichtigt danach erst den Faktor k.

      ⇒ 5. Eigenschaft
      b
      a
       
      ( f
      ( x )
       ±  g
      ( x )
      )
        dx  = 
      b
      a
        f
      ( x )
        dx  ± 
      b
      a
        g
      ( x )
        dx
        Das Integral einer Summe (Differenz) ist gleich der Summe (Differenz) der Integrale.
      ⇒ 6. Eigenschaft - Hauptsatz der Integralrechnung
      Es sei f eine in[a;b] stetige Funktion und F eine zu f gehörende Stammfunktion, so gilt
      b
      a
        f
      ( x )
        dx  =  F
      ( b )
         F
      ( a )

      Damit der zuletzt genannte Satz klar wird, soll jetzt die Eingangs genannte Aufgabe gelöst werden. Wie groß ist denn nun die Fläche unter der Funktion f(x)=x2 im Intervall [0;3] tatsächlich?

      Das bestimmte Integral wird wie folgt berechnet

      3
      0
       
      x 2
        dx  = 
      [
      1
      3
      x 3
      ]
      3
      0
       = 
      1
      3
       · 
      3 3
        
      1
      3
       · 
      0 3
       = 
      1
      3
       ·  27   
      1
      3
       ·  0  =  9
      → Zu beachten ist dabei, dass das Ergebnis zunächst nur eine reelle Zahl darstellt, die man geometrisch als Flächeninhalt deuten kann. Dieser würde also 9 Flächeneinheiten betragen.

      Zusammenfassend kann man für die Berechnung des bestimmten Integrals also folgende Schrittfolge angeben.
      1. Bestimmung der Stammfunktion F(x)
      2. Berechnung der Funktionswerte der oberen Grenze F(b) und der unteren Grenze F(a)
      3. Berechnung der Differenz der beiden Funktionswerte F(b) - F(a)

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